Donnerstag, 5. Mai 2016

Thomas Adcock: Feuer und Schwefel (ein Neil Hockaday - Krimi)

Über Künstlerseelen lässt sich viel schreiben, vor allem dann, wenn die Künstlerseele in Abgründe niedertaucht. Im dem Roman läuft es auf einen Showdown hinaus.Geistig verwirrter Künstler vs. Polizist auf Coney Island. Coney Islands hatte früher definitv bessere Zeiten erlebt. So ist das Ende von "Feuer und Schwefel" vergleichbar mit dem dramatischen Finish von "Auf der Flucht" mit Richard Kimble. Gerade die Dualität "Belebter Vergnügungspark = Millionenfache Freude vs. verfallener Vergnügungspark mit Killer regen die Phantasie an.
Detektive Neal Hockaday arbeitet bei der Street Crimes Unit Manahattan, abgekürzt SCUM-Patrol. Hockaday lebt förmlich in der Welt der Verbrecher, käuflichen Damen und schmierigen Zimmervermietern. Insgesamt etwas resigniert ob des verbrecherischen Elends der Welt, aber immer noch motiviert, Verbrecher zur Strecke zu bringen.

Picasso, sein Gegenspieler, läd ihn immer wieder ein, seine "mörderischen" Kunstwerke zu begutachten.
Interessant auch die inneren Monologe des Mörders. Solche Skizzen haben ich schon bei Leutnant Gustl von Schnitzler geliebt. Hock ist in Hochform; er weiss einfach, wie man mit Drohungen und Geld jeden zum Reden bringt. Zum Schluß löst Hock nicht nur den Fall, sondern er ehrt das Andenken des Künstler, Picassos, und verhilft einer in die Jahre gekommenen Bordsteinschwalbe (Chastity)zu einem lebenslangen Wohnrecht.


Coole Sprüche:

(Beim Bestechen) "Zwanzig Dollar frischen jedes Gedächnis auf."


"Wenn New York ein Film wäre, dann wäre er FSK 18"

"Wenn Du nach New York kommst, solltest Du Deine eigene Kreide für die Leichensilhouette mitbringen."

Was wissen wir über den Autor: Thomas Larry Adcock wurde 1947 in Detroit geboren, aufgewachsen ist er in New York. Dank seiner Tätigkeit als Polizeireporter klingt New York so realistisch und melancholisch.

Sonntag, 24. April 2016

Nelson DeMille: Nachtflug

Ein grandioser Thriller; es wäre etwas für Alfred "Master of suspence" Hitchcock gewesen. Verstrickungen innerhalb der amerikanischen Geheimdienste wie im 3.Mann und ein Showdown am 9/11/2001 im World Trade Center. Wow, da würde Hitch wirklich schmunzeln.
Der Film fängt jedoch mit einer Handlung an, die vielleicht nicht unbedingt jugendfrei ist. Da sieht man dann doch den Unterschied zwischen den guten, alten Krimis und modernen Stoffen.

Die Story rund um ein Ehepaar (er Polizist, sie Agentin) bildet ein Bindeglied zwischen dem Abschuß/Absturz einer Passagiermaschine (TWA 800) 1996 und dem 9/11. Sehr spannend, wenn am Tag alles, was im Buch etwas Dreck am sprichwörtlichen Stecken hat, aufs World Trade Center zustrebt.

Sprüche: "Jeder mag Rätsel, mit Ausnahme von Cops; Rätsel, die rästselhaft bleiben, können einem Cop den Tag und die Karriere verderben"

"Reden Sie immer so mit Ihrem Vorgesetzten?"
- "Nur wenn ich ihn an den Eiern habe"

"Nostalgie ist auch nicht mehr das, was sie mal war."




Noch etwas für Literaturfans: Es wird so gar The Arrow and the Song von Henry Wadsworth Longfellow zitiert. I Shot an arrow into the air....

Donnerstag, 21. April 2016

Gilbert Keith Chesterton: Der grüne Mann ( ein Pater Brown - Krimi)

Wie überführt man einen Mörder? Eigentlich ganz einfach: Ein Mörder entlarvt sich durch Details oder er weiss Dinge, die der Mörder nicht wissen darf. Endlich wieder genügend Verdächtige: Heiratsschwindler, persönliche Aufsteigschancen, Sozialneid, hier kann wirklich jeder den alten Admiral getötet haben. Aber wer ist nun der Mörder? Einer der Verdächtigen, oder ist ein ganz anderer der Bösewicht. Mir ist es beim Lesen nicht aufgefallen, aber einem Pater Brown entgeht natürlich nichts. Nicht einmal die Nuance grüne Algen vs. brauner Schlamm.

Wo sterben eigentlich im 19.Jahrhundert die meisten Seeleute? Im Bett oder auf hoher See?

Gilbert Keith Chesterton: Der Fluch des Buches ( ein Pater Brown - Krimi)

Kann ein Buch tödlich sein? Kann ein Buch 5 Menschen auf dem Gewissen haben? Keine Tote aufgrund von moralischen Verderbnissen; nein, als Todesursache würde "Buch" eingetragen werden.

Das kann einem völlig unspiritistischen Detektiv in den Wahnsinn treiben, aber ein Mann der Kirche sieht hier logische, durchaus weltliche Zusammenhänge. Auch diese Pater Brown-Geschichte hat ein nettes Motiv:
Wenn der Mensch das glaubt, was er sieht und wahrnimmt, dann reimt er sich den Rest zusammen.

Interessant: Je weniger Eigenschaften jemand hat, desto unauffälliger wird er.

Ein Novum: Manchmal geht ein Krimi gut aus.

Sonntag, 27. März 2016

Chester Himes: Heiße Nacht für kühle Killer

Ob man mit Platzpatronen jemanden umlegen kann? Anscheinend schon. Sonny, der Hauptverdächtige, scheint dies zu können. Die Hauptfiguren sind Grave Digger und Ed Coffine, die bei den Ermittlungen in Ihrem Element sind. Harlem ist ein harter Ort, also greift man hart durch. Die beiden hätten auch in Pulp Fiction mitspielen können. Coole Sprüche en masse.
Ed Coffine legt einen Provokateur um; ein Bezug auf "die Geldmacher von Harlem". Dort wurde er durch einen Säureangriff entstellt. Deshalb reagiert er jetzt auf Flatuluenz und Parfümspray allergisch. Grave Digger wühlt sich durch die Harlemer Rotlichtszene und bietet kostenlose Zahnbehandlungen an.
Sein Gegenspieler, der sogenannte Scheich, ist allerdings auch nicht ohne. Gewissen oder Skrupel kennt so einer nicht. Man denkt, der Typ hat ein Loch im Kopf, wo bereits das Gehirn ausgetreten ist. Im übrigen Teil des Kopfes reagiert psychopatischer Wahnsinn. Das sogenannte "Sackstecken", da fehlen einem die Worte.
Wenn man Polizisten außer Rand und Band mag, dann ist Grave Digger genau der Richtige.
Hier wird auch mal ein Arm mit einer Feuerwehraxt abgetrennt. Was sagt an da als Armloser? "Warte nur, bis ich meinen Arm finde, er hat noch das Messer in der Hand"

Coole Sprüche:
Wenn man gut sichtbar eine große Waffe trägt: "Die Leute wollen doch auch sehen, mit was auf sie geschossen wird"

Wenn die Verdächtigen nicht parieren: "Ruhe, oder einer von euch kann sich direkt neben euren toten Kumpel legen"

"Du kannst doch nicht auf einen schiessen, nur weil er Dich anfurzt"

"Du siehst aus wie ein Lump" - "Sie gewinnen auch nicht gerade einen Schöhnheitswettbewerb"

"Ich schlage Dich mit meinen Revolver so nieder, dass Deine eigene Hure Dich nicht mehr erkennt" (der Angesprochene ist ein Zuhälter)

"Wenn Gefahr Geld wäre, wäre jeder in Harlem Millionär"


Warum sind die schwarzen Jungs in den Geschichten von Chester Himes so furchtbar naiv?

Samstag, 26. März 2016

L.A.Fortride: Der Westend-Mörder

Eine feine Gesellschaft mit reichen, aber dafür schrulligen Menschen, ist genau das richtige Klima, wo eine gepflegte Mordserie gedeihen kann. Zuerst beginnt die Story an ganz anderer Stelle. Für die Polizisten geht es zuerst zum Frankfurter Bahnhof. Das Bahnhofsviertel hat sich seit 1971, dem Jahr der Veröffentlichung des Romans, nicht entscheidend geändert. In der Elbestrasse sind übelbeleumundete Lokalitäten beheimatet.
Danach spielt sich die Story in Bockenheim ab. Je reicher und finanziell unabhängiger, desto größer sind die Komplexe. Ödipus, Peter-Pan-Syndrom etc. lassen grüßen; ein Psychologe hat die helle Freunde an den Krankheitsbildern. Die dominierenden Frauengestalten, meist kurz vor oder bereits im Rentenalter, werden nach und nach dezimiert. Ist es der Zufallsmord eines Landstreichers und Tagediebs? Ist es der arrogante Pseudoarchitekt ohne Bauten oder ist es das Muttersöhnchen ohne Selbstbewusstsein? Nur eins ist gewiß: Es war nicht Polizeikommisar Malten, den Frl. Bettina nicht allzu unsympatisch findet.
Insgesamt eine sehr atmosphärische Geschichte. Im Bahnhofsviertel spürt man förmlich die Regentropfen auf die Windschutzscheiben der Polizeiautos niederfallen.

Satz zum Merken:
"Warum haben Sie Agatha Berger erstochen und nicht erwürgt?"
- "Weil ihr Hals zu dick war"

Was wissen wir über die Autorin:
L.A.Fortride scheint das Pseudonym für die Autorin Liselotte Appel zu sein. Diese wurde 1921 in Frankfurt geboren und bringt somit die erforderlichen Lokalkenntnisse mit. Die Autorin verdingte sich ansonsten vor allem durch Arzt- und Heimatromane.

Sonntag, 20. März 2016

Chester Himes: Die Geldmacher von Harlem

Erschienen 1957 For Love of Imabelle oder auch: A Rage in Harlem

Endlich mal etwas neues; ein Krimi aus dem afro-amerikanischen Millieu in den USA der 50er. Natürlich nicht irgendwo, sondern in Harlem. "Die Geldmacher von Harlem" spiegeln eine recht rüde Gesellschaftsform wider. Es geht um Gold, Rauschgift auf der einen Seite; Travestie und Gottvertrauen auf der anderen Seite. Parallel gibt es auch die Kombination Gesetzeshüter und Vollidioten vs. rauschgiftsüchtige Verbrecher. Im Harlem der 50er lebt es sich sehr ruppig; kein Ort für Weicheier. Polizisten müssen sich dort anpassen. Die schwarzen Detektive müssen dort tough sein, um ernst genommen zu werden. Das sind Ed Coffin und "Grave Digger". Beide lassen gerne die Samthandschuhe fallen, wenn es hart auf hart kommt.

Ein humoristischer Höhepunkt: Mit dem Leichenwagen durch einen Markt in Harlem - und der Polizeiwagen fährt hinterher.

Spruch: Alles von Grave Digger

Ansonsten:
Der Verdächtige bekommt von Grave Digger und Ed Coffine einen Satz Ohrfeigen_
"Weich? Noch weicher und er wäre gehacktes"

"Sprich schnell, Du hast nicht mehr viel Zeit" zu einem Verdächtigen

"Der Mutterschänder hat sich selbst ins Grab geredet"

"Solang Dein Mädchen im Knast ist, kann sie Dich nicht betrügen"

Was wissen wir über den Autor: Chester Himes, selbst afro-amerikanischen Ursprungs, hatte durchaus Erfahrung mit der kriminellen Atmosphäre. Er verbrachte 8 Jahre wegen bewaffnetem Raubüberfall im Gefängnis.

Der Roman wurde als Harlem Action 1991 verfilmt.