Freitag, 26. Juni 2015

Agatha Christie: Nikotin


Mancher Krimi zeichnet sich dadurch aus, dass so ziemlich jeder Protagonist ein Verdächtiger ist. Alle Erben, Geschäftspartner, verflossene Liebschaften inklusiver Sippe und manchmal kann der Inspektor noch rätseln, ob das Ableben des Opfers eine Selbsttötung war, oder ob vielleicht sogar der Zufall eine entscheidene Rolle spielt. In Agatha Christies "Nikotin" aus dem Jahre 19xx ist es ganz anders. Hier gibt es Leichen, aber irgendwie keine Täter. In manchen Krimi wimmelt es nur von sinistren Gestalten und Bösewichten. In "Nikotin" ist es gänzlich anders. Hier ist eine honette Gesellschaft von durchaus sympathischen Menschen, und in ihrer Mitte kommt es zu Vergiftungen. Keiner der ehrenwerten Personen kann in Frage kommen. Keiner hat ein Motiv, keiner geht als Schurke durch. Und trotzdem muss einer der Böse sein.

Der Krimi liest sich deshalb auch so spannend, weil die Nachforschungen so schleppend voran gehen. Hobby-Detektive bleiben lange, lange erfolglos. Doch dann plötzlich erscheint Hercule Poirot und durchschlägt den gordischen Knoten der Nichtverwicklungen. Anders als im Orient-Express wird diesmal ein Schuldiger gefunden. Doch wer ist es? Der Butler ist plötzlich verschwunden. Was weiss er, was die anderen nicht wissen?

Ein schön gezeichnetes Kriminalgemälde, das den Lebensstil der britschen Wohlsituierten-aber-weder-adlig-noch-richtig-reich-Klasse-im-Alter karikiert.

Wie man sich denken kann, geht es in einem Agathe Christie Krimi sprachlich wohldosiert zu. Hier gibt es keine "Bleispritze2, keine "heißen Feger" und auch keinen "Gorilla"

Schöne Sätze gibt es trotzdem:


Was wissen wir über die Autorin:

Viel, sehr viel! Über Agathe Christies Werdegang zu schreiben, das ist wie Surfbretter nach Kalifonien tragen.

Samstag, 6. Juni 2015

Fredric Brown: Dreh dich nicht um

Es gibt ungewöhnliche Kriminalgeschichten voller Aktion und Brutalität. Diese Kriminalgeschichte gehört nicht dazu. Sie hat zwar nur 16 Seiten, aber die haben es in sich. Das Kernstück bildet die Freunschaft zwischen Harley und Justin. Beide sind in dunkle Machenschaften verwickelt. Einer der Protagonisten wird ermordet; der andere verliert den Verstand und wird zum gemeingefährlichen Messermörder, der fernab unserer moralischen Vorstellungen lebt. Folter und Verhöre haben ihn zu dem gemacht, was er jetzt ist.

Als Rahmenhandlung agiert der Messermörder, der ein paar Seiten im Buch beim Druck ausgetauscht hat. Vielleicht befindet er sich nun im gleichen Haus, Zimmer, Tram etc. und sucht blutige Rache.

Schon etwas skuril und scary.

Satz, den man verwenden kann: Wenn es um Stil geht, sollte man nicht nur sein Leben, sondern auch sein Ableben im Auge haben. "Selbst hinsichtlich des Platzes, an dem man ihn tot auffinden sollte, hatte sich Harly das Beste und Teuerste ausgesucht." Der schönste Lifestyle wird also nicht abgerundet, wenn die sterblichen Überreste in einem unpassenden Terrain aufgefunden werden.


Orginalname der Geschichte: Dont't look behind you!

Was wissen wir über den Autor:

Fredric William Brown (* 29. Oktober 1906 in Cincinnati, Ohio; † 11. März 1972 in Tucson, Arizona)

http://de.wikipedia.org/wiki/Fredric_Brown

Ein interessanter Aspekt in seiner Vita ist, dass er neben Kriminalgeschichten auch Science-Fiction-Geschichten schrieb. Eine dieser Geschichten, "Arena", wurde von Star Trek adaptiert. Die Gorn-Folge! Diese Vorlage wurde übrigens in die "Science-Fiction Hall of Fame" gewählt.